Ein Auszug von 2014 aus einem Brief an meine Mama zum 50. Geburtstag und weil ich es so passend finde, erscheint er heute zum Muttertag!
1984 Sandrinchen wird geboren
Da bin ich, an einem Donnerstag geboren – um 16.58 Uhr nicht gerade firmenfreundlich hat sich Papa sicher gedacht – egal, jetzt war ich ja da. Er könnte ja jetzt nochmal die 2 Minuten auf den Schrottplatz fahren… och nööö - BABYPINKELN, einen Grund zum Bierchen trinken mit den Fußballkumpels muss es ja geben. Also marschiert er stolz in die Kneipe, während Du noch mit Fingerchen und Zehchen zählen beschäftigt bist.
Naja ganz so gesund bin ich leider nicht. Die nächsten Monate und Jahre habe ich Euch große Sorgen bereitet und Dir sicherlich ganz besonders. Vielleicht hat jeder gefragt, wie es mir geht, aber hat Dich auch mal jemand nach Dir gefragt? Mütter gehen meistens total unter – das weiß ich heute selbst. Mütter sind Bedürfnisbefriedigungsmaschinen für ihre Kinder und eigentlich bräuchten sie locker mal eben 6 Arme – pro Kind! Naja, aber so schwierig werde ich wohl nicht gewesen sein. Aber energisch und zäh wie heute wäre ich gewesen, höre ich immer wieder. Hat es das schwieriger oder einfacher für Dich gemacht? Ich denke, das kann man nicht beantworten. Für mich war es sicherlich besser, sonst wäre ich heute nicht die, die ich bin.
Jedenfalls hatte ich halbwegs eine normale Kindheit. Genauso wie andere Kinder habe ich schöne Ideen gehabt – Du fandest das vielleicht manchmal nicht so schön. Mama, wieso hast Du eigentlich mein Bettchen in weiß gekauft, wenn ich es doch in „braun“ viel schöner fand? Mein Gesicht schmierte ich strahlend weiß mit Penaten-Creme ein. Sich in die runde Bauklotzkiste reinzusetzen und stecken zu bleiben, fand ich dann nicht so toll, aber woher sollte ich das auch wissen. Und - damals kannte sicherlich nur ich den Begriff "Bad-on-Suite", naja, war wohl eher Klo-on-Suite :-D. Ich erinnere mich, wie wir ganz oft mit dem kleinen Auto nach Schweinheim fuhren (ich durfte aussuchen welche Strecke wir fahren) und dabei laut Mathias Reim und Co. hörten. Manch einer in meinem Alter guckt mich heute schräg an und fragt, wieso ich die alten Schinken so gut kenne… Vielleicht hast Du das gemacht, damit ich nicht alle 2 Minuten frage „Sind wir bald daaaaaaaaaaa?“ Naja, war mir egal, ich kannte ja den Weg ;-). Auch wenn es bei Oma immer gut schmeckt, die weltbesten Leberwustbuttis gab es bei Dir.
1988 Sandrinchen kommt in den Kindergarten
Nachdem ich aus dem Gröbsten raus bin, wie immer alle so schön sagen, darf ich in den Kindergarten gehen. Der Schönste der Stadt. Für meine Kinder gibt es ihn leider nicht mehr. Eine runde, rosa Kindergartentasche hattest Du für mich ausgesucht. Ganz oft war sie gefüllt mit einem leckeren Vanillezuckergebäck von Bäckerei Zimmermann, welches es heute noch dort gibt, aber im Kindergarten nicht gern gesehen war. Bei Zimmermann hast Du auch schon eine Autoabgasinspektion und eine Asphaltprüfung im Jogginganzug durchgeführt. Im Jogginganzug lässt sich das Auto ja auch besser anschieben, weil bequemer als Jeans – gut überlegt ;-). Nachdem ich ein paar Jahre lang im schönsten Kindergarten gespielt hatte und an einem meiner Geburtstage sogar ein Zauberer für mich dorthin kam, ging für mich der Ernst des Lebens los, wie Oma H. immer wieder betonte J.
1991 Sandrinchen kommt in die Schule
Die Wahl der Schule ist nicht ganz so gut getroffen, dafür habe ich aber ganz viele Freunde. Ich erinnere mich an ein Muttertagsgeschenk. Ein großes Herz auf dem jedes Kind einen Satz geschrieben hat passend zu seiner Mutter. Jeder hat etwas normales geschrieben, aber beim Satz von J., wusste sogar ich, als kleiner Stopfen, dass sie eine Biotante war: „Meine Mutter trinkt gerne Molke“. Dabei wusste ich noch nicht einmal, was Molke war und dachte immer das wäre ein Abfallprodukt sowie Gülle *lach*
1992 Brüderchen wird geboren
Es ist ein sonniger, warmer Sonntag, das dürfte Papa wiederum auch nicht so gepasst haben, schließlich „spillt Endenich zo Huus oder irjendwo in de Wallachei“ - egal. Nachdem Papa und ich Dich wie einen Flummi durch den Wald über Gräben hüpfen lassen haben, lege ich mich abends auf Omas und Opas Bett, warte auf meinen Brüderchen und schlafe darüber natürlich ein, bis ich irgendwann Omas Stimme höre, die sagt „Sandra, Dein Bruder ist da“. Ich freue mich, bin aber viel zu müde überhaupt irgendwas zu machen.
Die nächsten Wochen habe ich irgendwie Mitleid mit meinem Brüderchen. Während ich den Kopf zu Boden senken kann, wenn ich mit einer Person nicht sprechen will, muss er die ganzen Puppeköpp ertragen, die denselben in den Kinderwagen stecken – aber vielleicht hat er auch deswegen immer die Augen zu und tut nur so, als würde er schlafen…
Das blöde Geschwätz über große Schwester etc.. nervt mich, aber meinen kleinen Bruder liebe ich sehr (bis heute), darum lässt Du mich auch viel mit meinem Bruder machen. Ich frage mich heute, ob Du morgens von halb 7 Uhr bis 8 Uhr auch so einen Zeitdruck hattest, schließlich musste ich ja in die Schule und Brüderchen war ja die kleine Raupe Nimmersatt.
1996 Sandra und die Tiere
Natürlich kommt in einem Kinderleben auch die Zeit, in der man ein Haustier haben möchte – Fische sind ja schließlich keine Haustiere – die sind ja draussen und im Wasser. Ich bekomme ein Kaninchen – wild. Brüderchen steckt seinen kleinen Finger in den Käfig und wird natürlich sofort gebissen. Kaninchen weg, Babykaninchen her. Ali, das schöne Kaninchen. Hat niemanden gebissen, ist durch den Hulahuppreifen gesprungen und war auch sonst ganz lieb. Naja und da Kaninchen ja nicht allein gehalten werden sollen, kam noch Tweety das Meerschweinchen dazu, der Ali irgendwann am Auge verletzt. Natürlich hast Du alles stehen und liegen lassen um zum Tierarzt zu fahren. Wenn man aus der Garage herausfährt empfiehlt es sich die Autotüre zu schließen, aber aufopfernd für das kleine Tier, hast Du das dann ganz vergessen und somit war nun auch noch die Türe kaputtgefahren. Aber was tut man nicht alles für die Kinder – UND DAS KANINCHEN!
2004 Sandrinchen goes to Cologne
Nachdem ich immer seltener zu Hause war und mit meinem damals noch Nicht-Mann in seinen 30 Quadratmetern hauste, meine Führerscheinprüfung und auch meine Prüfung zur Arzthelferin bestand, kam der Tag, an dem ich auszog. Die letzten 20 Jahre hast Du mir alles Wichtige zum Leben gezeigt und ich war bereit für die große Welt ;-). Immer mal zwischendurch warst Du mein Telefonjoker, denn: Mama weiß es bestimmt! Als Du so alt warst wie ich, da gabs mich schon – völlig unvorstellbar für mich!
2011 Du wirst zum ersten Mal Oma
Am 23.09.2011 kam klein Bubbes zur Welt. Mein Mann und ich wurden Eltern und Du zum ersten Mal Oma. Wenn Du „Guale“ (=Schokolade) hast, bist Du wie beste Oma.
2014 Du wirst zum zweiten Mal Oma
18. Februar: Während ich schmolle, weil Erdbeermädchen scheinbar nicht raus will, sitzt und stehst Du als Krake verkleidet bei der Mädchensitzung und hast sicherlich viel Spaß. Ich mache mit Erdbeermädchen meine eigene Karnevalssitzung, gehe mit ihr in die (Bade-)Bütt und höre Karnevalsmusik. Ich bin hin und her gerissen. Einerseits bist Du ja Bubbes Babysitter, wenn Erdbeermädchen sich auf den Weg macht, aber andererseits kannst Du ja heute sowieso nicht. Und während Du uns Krakenbilder schickst… oh alles nass - Blasensprung! Erdbeermädchen, sollen wir zur Mädchensitzung nachkommen? ;-) Du bist natürlich völlig ahnungslos und erfährst erst morgens am 19. Februar, dass Du nochmal Oma geworden bist.
10. Mai 2014 Sandrinchen wird 30!
Die Zeit rennt. Vor 30 Jahren wurde ich geboren. Ich frage mich, wie man eine Geburt wahrnimmt, die schon sooo lange zurückliegt, wenn schon die Geburten vor fast 3 Jahren bzw. 3-4 Monaten so weit weg erscheint. Die blödeste Frage seit 30 Jahren ist „und wie fühlt man sich mit XX Jahren?“
Liebe Mama,
wieder sind 4 Jahre vergangen, viel ist passiert und ich kann immer zu Dir kommen. Manchmal brauchst Du nichts sagen, eine Umarmung reicht. Alles Liebe zum Muttertag - Ich liebe Dich!
Kommentar schreiben
Mama (Sonntag, 13 Mai 2018 08:03)
Dankeschön mein Kind ��
Ich liebe Dich auch. Hab jetzt ganz schön Pipi in den Augen ���